Am 27.08.2014 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Referentenentwurf für die geplante Verschärfung der Selbstanzeige (§ 370 AO) vorgelegt. Darin werden die Ergebnisse der Finanzministerkonferenz vom 09.05.2014 umgesetzt.
Die Änderungen haben im Einzelnen folgende Auswirkungen:
- In § 371 Abs. 2 Nr. 1 a) AO wird der bisherige Begriff des „Täters“ durch den Begriff „des an der Tat Beteiligten“ ersetzt, wodurch sich zukünftig die Sperrwirkung auch auf Anstifter und Gehilfen erstreckt. Wenn z.B. einem Täter einer Steuerhinterziehung die Prüfungsanordnung nach § 146 AO für eine steuerliche Außenprüfung bekannt gegeben worden ist, kann zukünftig der Anstifter zu der Steuerhinterziehung nicht mehr eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung abgeben. Vielmehr ist auch für ihn die Selbstanzeige gesperrt. Mit der Aufnahme des Begriffs „Begünstigten“ im Sinne des § 170 Abs. 1 AO wird eine Regelungslücke geschlossen. In der Vergangenheit sind in der Praxis Fälle aufgetreten, in denen ein Mitarbeiter zu Gunsten des Unternehmens eine Steuerhinterziehung begangen hat. Der Mitarbeiter ist damit ein an der Tatbeteiligter. Nachdem der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, wird dem Unternehmen eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben. Bislang hat die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an das Unternehmen keine Auswirkungen auf die Möglichkeit der Abgabe einer Selbstanzeige durch den ehemaligen Mitarbeiter. Dieser konnte eine Selbstanzeige abgeben, obwohl er ein an der Tatbeteiligter war und dem Unternehmen bereits die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde. Nummer wird gesetzlich festgelegt, dass die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 a) AO auch für den an der Tat Beteiligten, also auch für den Mitarbeiter gilt, der nicht selbst Adressat der Prüfungsanordnung ist. Es ist nicht notwendig, dass der der Tatbeteiligte von der Prüfungsanordnung Kenntnis erhalten muss. Ziel ist es, dass ein an der Tatbeteiligter nicht vom Auseinanderfallen zwischen tatbeteiligten und Begünstigten der Steuerhinterziehung profitiert. Die Sperrwirkung sah sich daher auch auf einen ausgeschiedenen Mitarbeiter erstrecken.
- Indem auch in § 371 Abs. 2 Nr. 1 b) AO der bisherige Begriff des „Täters“ durch den Begriff des „an der Tat Beteiligten“ ersetzt wird, erstreckt sich zukünftig Sperrwirkung der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens auch auf Anstifter und Gehilfen. Nach dem Wortlaut der bisherigen Vorschrift galt die Sperrwirkung bislang nur für den Täter oder seinen Vertreter. Zukünftig kann eine Hilfe leistender bei der Steuerhinterziehung eine Selbstanzeige mehr abgeben, wenn die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens dem Täter bekannt gegeben worden ist.
- Die Sperrgründe in § 371 Abs. 2 Nr. 1 AO werden um einen weiteren zukünftig unter d) geregelten Sperrgrund erweitert.Er lautet:
Straffreiheit tritt nicht ein, wenn (…)
d) ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuernachschau nach § 27b UStG, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g EStG oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat.Durch die Erweiterung der Sperrgründe wird gesetzlich festgelegt, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige in derzeit nicht möglich ist, in der ein Amtsträger der Finanzbehörde zur Umsatzsteuer-Nachschau, Lohnsteuer-Nachschau oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist. Dieser Sperrgrund greift jedoch nur ein, wenn der Amtsträger der Finanzbehörde sich auch als solche ausgewiesen hat, da andernfalls der betroffene Steuerpflichtige nicht wissen könnte, ob eine Nachschau stattfindet oder nicht.Führt die Nachschau zu keinen Ergebnissen, entfällt der Sperrgrund, sobald die Nachschau beendet ist (z.B. Verlassen des Ladenlokals oder der Geschäftsräume). Sofern die Nachschau jedoch zu Erkenntnissen und Ergebnissen führt, die Anlass zu weiteren Maßnahmen bieten, dürfte im Regelfall an andere Sperrgrund greifen. - Die in § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO bislang geltende 50.000 €-Grenze, bis zu der eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich ist, wird auf 25.000 € abgesenkt. Somit werden zukünftig nicht nur besonders schwer wiegende Fälle der Steuerhinterziehung dem Anwendungsbereich des § 398a AO unterworfen, sondern alle Fälle mit einem Hinterziehungsvolumen ab 25.000 €.
- Um Rechtssicherheit für die Praxis zu schaffen erhält § 371 einen neuen Abs. 2a. Damit wird der Rechtszustand vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes für den Bereich der Umsatzsteuervoranmeldung und der Lohnsteueranmeldung wiederhergestellt. Das heißt eine korrigierte und verspätete Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Lohnsteueranmeldung gilt zukünftig wieder als wirksame Teilselbstanzeige.
- Nach dem geänderten § 371 Abs. 3 AO ist die fristgemäße Zahlung der Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) als auch gegebenenfalls der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO zusammen mit der hinterzogenen Steuer Voraussetzung, um Straffreiheit zu erlangen.Bei Umsatzsteuervoranmeldungen, mit Ausnahme der Umsatzsteuerjahreserklärung, und Lohnsteueranmeldungen soll die Straffreiheit allerdings nicht davon abhängen, dass auch die Zinsen zugleich mit der hinterzogenen Steuer entrichtet werden. Hier soll weiterhin die bisherige Rechtslage gelten.
- § 376 Abs. 1 AO wird dahingehend geändert, dass die Verjährungsfrist in allen Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 zehn Jahrebeträgt.Für die Selbstanzeige bedeutet die Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist auf zehn Jahre für alle Fälle der Steuerhinterziehung, dass auch in Fällen der einfachen Steuerhinterziehung für zehn Jahre rückwirkende hinterzogenen Steuern nacherklärt werden müssen. Bislang muss die Finanzbehörde die bereits strafrechtlich verjährten, steuerlich aber noch offenen Altjahre besteuern. Zu diesen Altjahren muss der Steuerpflichtige bisher keine Angaben machen, so dass die Finanzbehörde häufig schätzen muss.
- Bislang wurde von einer Verfolgung einer Steuerstraftat bei einem Hinterziehungsbetrag ab 50.000 € nur abgesehen, wenn der Täter einen sog. Strafzuschlag gemäß § 398a AO bezahlt hat. Aufgrund der Absenkung auf 25.000 € (s. Tz. 4) wurde auch § 398a AO geändert und verschärft.Er lautet künftig:
(1) In Fällen, in den Straffreiheit nur wegen § 371 Abs. 2 Nr. 3 oder4 nicht eintritt, wird von der Verfolgung einer Steuerstraftat abgesehen, wenn der Täter innerhalb einer ihm angemessenen Frist1. die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 35 Abs. 4 angerechnet werden, entrichtet und2. einen Geldbetrag in folgender Höhe zu Gunsten der Staatskasse zahlt:
a) 10 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungszinsen Betrag 100.000 € nicht übersteigt,
b) 15 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungszinsen Betrag 100.000 € übersteigt und 1 Million € nicht übersteigt,
c) 20 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungszinsen 1 Million übersteigt.(2) Die Bemessung des Hinterziehungszinsen richtet sich nach den Grundsätzen in § 370 Abs. 4.(3) Die Wiederaufnahme eines nach Abs. 1 abgeschlossenen Verfahrens ist zulässig, wenn die Finanzbehörde erkennt, dass die Angaben im Rahmen einer Selbstanzeige unvollständig oder unrichtig waren.
(4) Der nach Abs. 1 Nr. 2 gezahlte Geldbetrag nicht erstattet, wenn die Rechtsfolge des Abs. 1 nicht eintritt. Das Gericht kann diesen Betrag jedoch auf eine wegen Steuerhinterziehung verhängte Geldstrafe anrechnen.
Die Ergänzung des Abs. 2 in § 398a AO dient zur Klarstellung, dass der Hinterziehungszinsen tragen nach den gleichen Grundsätzen zu bemessen ist, wie bei § 370 AO. D.h., dass insbesondere auch das so genannte Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 S. 3 AO zu beachten ist. Damit ist es auch für die Bemessung des Hinterziehungszinsen trage im Rahmen des § 398a AO unerheblich, ob die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
Um Gestaltungen bei der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige im Rahmen des § 398a AO vorzubeugen, wurde ausdrücklich eine Wiederaufnahmemöglichkeit des Strafverfahrens neu im Gesetz geregelt. Andernfalls sah man die Gefahr, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen ist, wenn der betroffene Steuerpflichtige keine vollständige und richtige Selbstanzeige abgegeben hätte, dies jedoch erst nach Einstellung des Verfahrens bekannt würde.
Abzuwarten bleibt, ob die Verschärfung tatsächlich entsprechend des Referentenentwurfs erfolgen wird oder bis zur Verabschiedung der Gesetzesänderung noch Änderungen vorgenommen werden. In jedem Fall macht der Referentenentwurf deutlich, dass es der Bundesregierung ernst damit ist, die Verschärfung der Selbstanzeige bis 01.01.2015 auf den Weg zu bringen.
Wer bislang gezögert hat, eine Selbstanzeige abzugeben, sollte angesichts der greifbaren Verschärfung der Selbstanzeige unverzüglich handeln. Gerne unterstütze ich Sie dabei.
Quelle: BMF v. 27.08.2014
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