Der BGH hat sei­ne bis­he­ri­ge Recht­spre­chung zur Bestim­mung des gro­ßen Aus­ma­ßes i.S. des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO auf­ge­ge­ben und stellt nun ein­heit­lich auf einen Hin­ter­zie­hungs­be­trag von 50.000 EUR ab (BGH 27.10.15, 1 StR 373/15). |

Bis­lang hat­te der BGH das gro­ße Aus­maß ab einem Hin­ter­zie­hungs­be­trag von 50.000 EUR bejaht, sofern der Täter unge­recht­fer­tig­te Zah­lun­gen vom FA erlangt – der BGH sprach inso­weit von einem „Griff in die Kasse“.

Ein Ver­kür­zungs­be­trag von 100.000 EUR wur­de ange­setzt, soweit der Steu­er­pflich­ti­ge Ein­künf­te oder Umsät­ze ver­schweigt und dadurch Steu­ern ver­kürzt (BGH 2.12.08, 1 StR 416/08, wistra 09, 107).

In nach­fol­gen­der Recht­spre­chung weich­te der BGH die­se betrags­mä­ßi­ge Abgren­zung auf und beton­te dabei, dass die Betrags­gren­ze von 50.000 EUR nament­lich dann zur Anwen­dung kom­me, wenn der Täter unge­recht­fer­tig­te Zah­lun­gen vom FA erlangt hat (BGH 21.11.11, 1 StR 579/11, PStR 12, 55, wistra 12, 191).

Nun soll ein­heit­lich auf einen Betrag von 50.000 EUR abge­stellt wer­den – auch für Fäl­le, in denen Ein­künf­te oder Umsät­ze ver­schwie­gen und dadurch Steu­ern ver­kürzt wer­den. Das begrün­det der BGH – wie schon in sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung – mit dem in die­ser Höhe auch für den Ver­mö­gens­ver­lust gro­ßen Aus­ma­ßes beim Betrug gemäß § 263 StGB von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Betrag. Dabei stellt er die „struk­tu­rel­len Unter­schie­de“ zwi­schen den bei­den Nor­men her­aus: § 263 StGB set­ze anders als § 370 AO den Ein­tritt eines Ver­mö­gens­scha­dens vor­aus. Hin­ge­gen genü­ge für die Steu­er­hin­ter­zie­hung die „tat­be­stand­li­che Gefähr­dung des Steu­er­auf­kom­mens“. Die Gleich­set­zung von Scha­den und „tat­be­stand­li­cher Gefähr­dung“ in § 370 AO fin­de ihre Recht­fer­ti­gung dar­in, „dass die fal­sche Steu­er­fest­set­zung nahe­zu immer zu einem Scha­den füh­ren wird“. Ste­he aber „die Gefähr­dung des Steu­er­an­spruchs dem beim Fis­kus ein­ge­tre­te­nen Scha­den bei der Tat­be­stands­er­fül­lung qua­li­ta­tiv gleich“, sei „die Ver­dop­pe­lung des Schwel­len­wer­tes bei dem soge­nann­ten Gefähr­dungs­scha­den nicht zu begründen.“

Die Ver­ein­heit­li­chung des Hin­ter­zie­hungs­be­trags für die Bestim­mung des gro­ßen Aus­ma­ßes ist aus Grün­den der Recht­si­cher­heit zu begrü­ßen, nach­dem die Recht­spre­chung zur Abgren­zung der bei­den Fall­grup­pen in den letz­ten Jah­ren teil­wei­se unsys­te­ma­tisch und schwer­lich nach­voll­zieh­bar gewor­den war.

Bedau­er­lich ist aus Ver­tei­di­gungs­sicht, dass der BGH nicht aus Grün­den des Ver­trau­ens­schut­zes auf den höhe­ren der bei­den bis­lang in Betracht kom­men­den Beträ­ge abge­stellt hat. Die Her­an­zie­hung des für einen Ver­mö­gens­ver­lust gro­ßen Aus­ma­ßes i.S. des § 263 StGB ange­setz­ten Betrags von 50.000 EUR ist im Hin­blick auf die vom BGH selbst beton­ten „struk­tu­rel­len Unter­schie­de“ der bei­den Nor­men kaum nach­voll­zieh­bar. Näher hät­te es gele­gen, aus der Erkennt­nis des BGH, dass § 370 nied­ri­ge­re Anfor­de­run­gen an die Rechts­guts­ge­fähr­dung stellt als § 263 StGB, kon­se­quen­ter Wei­se auch ein­heit­lich höhe­re Beträ­ge für das Errei­chen des gro­ßen Aus­ma­ßes anzu­set­zen. Auch der Behaup­tung, dass die fal­sche Steu­er­fest­set­zung nahe­zu immer zu einem Scha­den füh­re, kann ins­be­son­de­re im Hin­blick auf das Kom­pen­sa­ti­ons­ver­bot nicht zuge­stimmt werden.

Quel­le zum Bei­trag: Urteil Ver­mö­gens­ver­lust gro­ßen Aus­ma­ßes: BGH, Urteil vom 27.10.2015, Az. 1 StR 373/15

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