Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat in sei­nem Urteil zur Erb­schaft- und Schen­kung­steu­er vom 17.12. 2014 Rechts­klar­heit geschaf­fen. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat die steu­er­li­che Begüns­ti­gung des Über­gangs von Betriebs­ver­mö­gen wegen der damit geschütz­ten Arbeits­plät­ze an sich als mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar ange­se­hen und ledig­lich ein­zel­ne Aspek­te der gel­ten­den Rege­lun­gen beanstandet.

Der Ers­te Senat des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts hat §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer‑ und Schen­kung­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) für ver­fas­sungs­wid­rig erklärt. Die Vor­schrif­ten sind zunächst wei­ter anwend­bar; der Gesetz­ge­ber muss bis 30. Juni 2016 eine Neu­re­ge­lung tref­fen. Zwar liegt es im Ent­schei­dungs­spiel­raum des Gesetz­ge­bers, klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men, die in per­so­na­ler Ver­ant­wor­tung geführt wer­den, zur Siche­rung ihres Bestands und zur Erhal­tung der Arbeits­plät­ze steu­er­lich zu begüns­ti­gen. Die Pri­vi­le­gie­rung betrieb­li­chen Ver­mö­gens ist jedoch unver­hält­nis­mä­ßig, soweit sie über den Bereich klei­ner und mitt­le­rer Unter­neh­men hin­aus­greift, ohne eine Bedürf­nis­prü­fung vor­zu­se­hen. Eben­falls unver­hält­nis­mä­ßig sind die Frei­stel­lung von Betrie­ben mit bis zu 20 Beschäf­tig­ten von der Ein­hal­tung einer Min­dest­lohn­sum­me und die Ver­scho­nung betrieb­li­chen Ver­mö­gens mit einem Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­an­teil bis zu 50 %. §§ 13a und 13b ErbStG sind auch inso­weit ver­fas­sungs­wid­rig, als sie Gestal­tun­gen zulas­sen, die zu nicht zu recht­fer­ti­gen­den Ungleich­be­hand­lun­gen füh­ren. Die genann­ten Ver­fas­sungs­ver­stö­ße haben zur Fol­ge, dass die vor­ge­leg­ten Rege­lun­gen ins­ge­samt mit Art. 3 Abs. 1 GG unver­ein­bar sind. Die Ent­schei­dung ist im Ergeb­nis und in der Begrün­dung ein­stim­mig ergan­gen; davon unbe­rührt bleibt das von den Rich­tern Gai­er und Masing sowie der Rich­te­rin Baer abge­ge­be­ne Sondervotum.

Sach­ver­halt und Verfahrensgang

Der Klä­ger des Aus­gangs­ver­fah­rens ist Mit­er­be des 2009 ver­stor­be­nen Erb­las­sers. Der Nach­lass setz­te sich aus Gut­ha­ben bei Kre­dit­in­sti­tu­ten und einem Steu­er­erstat­tungs­an­spruch zusam­men. Das Finanz­amt setz­te die Erb­schaft­steu­er mit einem Steu­er­satz von 30 % nach Steu­er­klas­se II fest. Der Klä­ger macht gel­tend, die nur für das Jahr 2009 vor­ge­se­he­ne Gleich­stel­lung von Per­so­nen der Steu­er­klas­se II und III sei ver­fas­sungs­wid­rig. Ein­spruch und Kla­ge, mit denen er eine Her­ab­set­zung der Steu­er errei­chen woll­te, blie­ben erfolg­los. Im Revi­si­ons­ver­fah­ren hat der Bun­des­fi­nanz­hof mit Beschluss vom 27. Sep­tem­ber 2012 dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Fra­ge vor­ge­legt, ob § 19 Abs. 1 ErbStG in der 2009 gel­ten­den Fas­sung in Ver­bin­dung mit §§ 13a und 13b ErbStG wegen Ver­sto­ßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ver­fas­sungs­wid­rig ist. Die Gleich­stel­lung von Per­so­nen der Steu­er­klas­sen II und III in § 19 Abs. 1 ErbStG sei zwar ver­fas­sungs­recht­lich hin­zu­neh­men, jedoch sei die­se Vor­schrift in Ver­bin­dung mit den Steu­er­ver­güns­ti­gun­gen der §§ 13a und 13b ErbStG gleichheitswidrig.

Wesent­li­che Erwä­gun­gen des Senats:

1. Die Vor­la­ge des Bun­des­fi­nanz­hofs ist im Wesent­li­chen zuläs­sig. Art. 3 Abs. 1 GG ver­leiht Steu­er­pflich­ti­gen kei­nen Anspruch auf ver­fas­sungs­recht­li­che Kon­trol­le steu­er­recht­li­cher Rege­lun­gen, die Drit­te gleich­heits­wid­rig begüns­ti­gen, das eige­ne Steu­er­rechts­ver­hält­nis aber nicht betref­fen. Ande­res gilt jedoch, wenn Steu­er­ver­güns­ti­gun­gen die gleich­heits­ge­rech­te Belas­tung durch die Steu­er ins­ge­samt in Fra­ge stel­len. Für das Aus­gangs­ver­fah­ren kommt es zwar nicht unmit­tel­bar auf die Aus­le­gung und Anwen­dung der §§ 13a und 13b ErbStG an. Den­noch durf­te der Bun­des­fi­nanz­hof von ihrer Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit für das Aus­gangs­ver­fah­ren aus­ge­hen. Die vom Bun­des­fi­nanz­hof gel­tend gemach­ten Gleich­heits­ver­stö­ße sind so erheb­lich, dass sie die erb­schaft­steu­er­recht­li­che Begüns­ti­gung für betrieb­li­ches Ver­mö­gen ins­ge­samt erfas­sen; zudem ist die Pri­vi­le­gie­rung betrieb­li­chen Ver­mö­gens in der Sum­me von sol­chem Gewicht, dass im Fal­le ihrer Ver­fas­sungs­wid­rig­keit die Besteue­rung nicht­be­trieb­li­chen Ver­mö­gens davon nicht unbe­rührt blei­ben könnte.

2. Für die vor­ge­leg­ten Nor­men besteht eine Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz des Bun­des nach Art. 105 Abs. 2 GG in Ver­bin­dung mit Art. 72 Abs. 2 GG. Im gesamt­staat­li­chen Inter­es­se erfor­der­lich im Sin­ne des Art. 72 Abs. 2 GG ist eine bun­des­ge­setz­li­che Rege­lung nicht erst dann, wenn sie uner­läss­lich für die Rechts- oder Wirt­schafts­ein­heit ist. Es genügt viel­mehr, dass der Bun­des­ge­setz­ge­ber pro­ble­ma­ti­sche Ent­wick­lun­gen für die Rechts- und Wirt­schafts­ein­heit erwar­ten darf. Ob die­se Vor­aus­set­zun­gen gege­ben sind, prüft das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, wobei dem Gesetz­ge­ber eine Ein­schät­zungs­prä­ro­ga­ti­ve im Hin­blick auf die­se Bedin­gun­gen einer bun­des­ge­setz­li­chen Rege­lung und deren Erfor­der­lich­keit im gesamt­staat­li­chen Inter­es­se zusteht. Im vor­lie­gen­den Fall durf­te der Bun­des­ge­setz­ge­ber davon aus­ge­hen, dass ohne bun­des­ge­setz­li­che Rege­lung eine Rechts­zer­split­te­rung mit nicht uner­heb­li­chen Nach­tei­len für Erb­las­ser und Erwer­ber betrieb­li­chen Ver­mö­gens wie auch für die Finanz­ver­wal­tung zu befürch­ten wäre.

3. Die erb­schaft­steu­er­li­che Begüns­ti­gung des Über­gangs betrieb­li­chen Ver­mö­gens ver­stößt in Tei­len gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Der Gleich­heits­satz belässt dem Gesetz­ge­ber im Steu­er­recht einen weit rei­chen­den Ent­schei­dungs­spiel­raum sowohl bei der Aus­wahl des Steu­er­ge­gen­stands als auch bei der Bestim­mung des Steu­er­sat­zes. Abwei­chun­gen von der ein­mal getrof­fe­nen Belas­tungs­ent­schei­dung müs­sen sich eben­falls am Gleich­heits­satz mes­sen las­sen. Sie bedür­fen eines beson­de­ren sach­li­chen Grun­des, für den die Anfor­de­run­gen an die Recht­fer­ti­gung mit Umfang und Aus­maß der Abwei­chung steigen.

Der Gesetz­ge­ber ist nicht gehin­dert, mit Hil­fe des Steu­er­rechts außer­fis­ka­li­sche För­der­zie­le zu ver­fol­gen. Er ver­fügt über einen gro­ßen Spiel­raum bei der Ein­schät­zung, wel­che Zie­le er für för­de­rungs­wür­dig hält und wel­che Ver­scho­nun­gen von der Steu­er er zur Errei­chung die­ser Zie­le vor­sieht. Aller­dings bleibt er auch hier an den Gleich­heits­satz gebun­den. Je nach Inten­si­tät der Ungleich­be­hand­lung kann dies zu einer stren­ge­ren Kon­trol­le der För­der­zie­le durch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt führen.

b) Die Ver­scho­nungs­re­ge­lung als sol­che ist im Grund­satz mit Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar, bedarf beim Über­gang gro­ßer Unter­neh­mens­ver­mö­gen aber der Kor­rek­tur.

aa) Die Ver­scho­nungs­re­ge­lung führt zu Ungleich­be­hand­lun­gen der Erwer­ber betrieb­li­chen und nicht­be­trieb­li­chen Ver­mö­gens, die ein enor­mes Aus­maß errei­chen kön­nen. Nach §§ 13a und 13b ErbStG blei­ben 85 % oder 100 % des Wer­tes von Betriebs­ver­mö­gen, von land- und forst­wirt­schaft­li­chem Ver­mö­gen und von bestimm­ten Antei­len an Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten außer Ansatz, wenn die im Gesetz hier­für vor­ge­se­he­nen wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen erfüllt wer­den. Hin­zu kom­men Abschlä­ge gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG sowie die gene­rel­le Anwen­dung der güns­ti­ge­ren Steu­er­klas­se gemäß § 19a ErbStG.

bb) Der Gesetz­ge­ber unter­liegt einer stren­ge­ren Kon­trol­le am Maß­stab der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit, weil die Unter­schei­dung zwi­schen begüns­tig­tem und nicht begüns­tig­tem Ver­mö­gen nicht nur einen Rand­be­reich erfasst, denn mehr als ein Drit­tel des in den Jah­ren 2009 bis 2012 unent­gelt­lich über­tra­ge­nen Ver­mö­gens wur­de über §§ 13a und 13b ErbStG von der Erb­schaft­steu­er befreit. Außer­dem haben die Erwer­ber viel­fach nur gerin­gen Ein­fluss dar­auf, ob das ihnen geschenk­te oder von ihnen ererb­te Ver­mö­gen dem för­de­rungs­wür­di­gen Ver­mö­gen zuzu­ord­nen ist.

cc) Die Ver­scho­nungs­re­ge­lung soll vor allem Unter­neh­men schüt­zen, die durch einen beson­de­ren per­so­na­len Bezug des Erb­las­sers oder des Erben zum Unter­neh­men geprägt sind, wie es für Fami­li­en­un­ter­neh­men typisch ist. Steu­er­lich begüns­tigt wer­den soll ihr pro­duk­ti­ves Ver­mö­gen, um den Bestand des Unter­neh­mens und sei­ner Arbeits­plät­ze nicht durch steu­er­be­ding­te Liqui­di­täts­pro­ble­me zu gefähr­den. An der Legi­ti­mi­tät die­ser Ziel­set­zung bestehen aus ver­fas­sungs­recht­li­cher Sicht kei­ne Zweifel.

dd) Die §§ 13a und 13b ErbStG sind geeig­net und im Grund­satz auch erfor­der­lich, um die mit ihnen ver­folg­ten Zie­le zu errei­chen. Der Gesetz­ge­ber ver­fügt inso­weit über einen wei­ten Ein­schät­zungs- und Pro­gno­se­spiel­raum. Vor die­sem Hin­ter­grund ist es aus­rei­chend, dass er eine ernst­haf­te Gefahr von Liqui­di­täts­pro­ble­men bei der Besteue­rung des unent­gelt­li­chen Über­gangs von Unter­neh­men ver­tret­bar und plau­si­bel dia­gnos­ti­ziert hat; eines empi­ri­schen Nach­wei­ses von Unter­neh­mens­ge­fähr­dun­gen nicht nur im Aus­nah­me­fall bedarf es nicht. Die Ver­scho­nung von einer Bedürf­nis­prü­fung abhän­gig zu machen, wäre schon des­we­gen nicht als mil­de­res Mit­tel anzu­se­hen, weil sie – ins­be­son­de­re auf­grund von Bewer­tungs­fra­gen – Erschwer­nis­se bei der Erhe­bung der Erb­schaft­steu­er mit sich bräch­te. Auch die Stun­dung erwie­se sich nicht als gleich wirk­sa­mes mil­de­res Mittel.

ee) Die durch die Ver­scho­nungs­re­ge­lung bewirk­te Ungleich­be­hand­lung ist im Grund­satz ver­hält­nis­mä­ßig im enge­ren Sin­ne, auch soweit sie eine Steu­er­ver­scho­nung von 100% ermög­licht. Der Gesetz­ge­ber ist weit­ge­hend frei in sei­ner Ent­schei­dung, wel­che Instru­men­te er dafür ein­setzt, eine ziel­ge­naue För­de­rung sicher­zu­stel­len. In Anbe­tracht des erheb­li­chen Aus­ma­ßes der Ungleich­be­hand­lung stün­de es nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Ein­klang, eine umfas­sen­de Ver­scho­nung ohne jeg­li­che Bedin­gun­gen zu gewähren.

Unver­hält­nis­mä­ßig ist die Pri­vi­le­gie­rung betrieb­li­chen Ver­mö­gens, soweit sie über klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men ohne eine Bedürf­nis­prü­fung hin­aus­greift. Hier erreicht die Ungleich­be­hand­lung schon wegen der Höhe der steu­er­be­frei­ten Beträ­ge ein Maß, das ohne die kon­kre­te Fest­stel­lung der Ver­scho­nungs­be­dürf­tig­keit des erwor­be­nen Unter­neh­mens mit einer gleich­heits­ge­rech­ten Besteue­rung nicht mehr in Ein­klang zu brin­gen ist. Es ist Auf­ga­be des Gesetz­ge­bers, prä­zi­se und hand­hab­ba­re Kri­te­ri­en zur Bestim­mung der Unter­neh­men fest­zu­le­gen, für die eine Ver­scho­nung ohne Bedürf­nis­prü­fung nicht mehr in Betracht kommt.

c) Die Ver­scho­nungs­re­ge­lung der §§ 13a und 13b ErbStG ver­stößt auch in Tei­len ihrer Aus­ge­stal­tung gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Nicht zu bean­stan­den ist aller­dings die Fest­le­gung der begüns­tig­ten Ver­mö­gens­ar­ten. Die Min­dest­be­tei­li­gung von über 25 % bei Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten schei­det blo­ße Geld­an­la­gen aus. Bei einer Betei­li­gung von über 25 % durf­te der Gesetz­ge­ber von einer unter­neh­me­ri­schen Ein­bin­dung des Anteils­eig­ners in den Betrieb aus­ge­hen; im Übri­gen ist die Fest­le­gung einer Min­dest­be­tei­li­gung durch die Typi­sie­rungs- und Ver­ein­fa­chungs­be­fug­nis des Gesetz­ge­bers gedeckt. Sie ist auch nicht ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken aus­ge­setzt, weil das Gesetz auf die Ver­hält­nis­se beim Erb­las­ser abstellt und auf Erwer­ber­sei­te kein per­so­na­ler Ein­fluss auf das Unter­neh­men mehr vor­han­den sein muss. Der Gesetz­ge­ber darf an einer über­grei­fen­den Sys­te­ma­tik, die ins­ge­samt gute Grün­de hat, auch dort fest­hal­ten, wo auf ande­re Wei­se bes­se­re Lösun­gen mög­lich sind.

Die gene­rel­le Begüns­ti­gung des Erwerbs von Antei­len an Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten ist mit dem Gleich­heits­satz ver­ein­bar. Sie fin­det ihre Grund­la­ge in der unter­schied­li­chen zivil­recht­li­chen Behand­lung des Ver­mö­gens von Per­so­nen- und Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten; der Gesetz­ge­ber bewegt sich inso­weit im Rah­men sei­nes Ein­schät­zungs- und Typi­sie­rungs­spiel­raums. Auch bei land- und forst­wirt­schaft­li­chen Betrie­ben durf­te der Gesetz­ge­ber von einer unter­neh­me­ri­schen Ein­bin­dung jeg­li­cher Betei­li­gung aus­ge­hen; die­se Betrie­be wer­den zudem in beson­ders hohem Maße als Fami­li­en­be­trie­be ohne grö­ße­re Kapi­tal­de­cke geführt.

bb) Die Lohn­sum­men­re­ge­lung ist im Grund­satz mit Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar, nicht jedoch die Frei­stel­lung von Betrie­ben mit nicht mehr als 20 Beschäf­tig­ten. Sie ver­folgt das legi­ti­me Ziel, Arbeits­plät­ze zu erhal­ten. Die Ent­schei­dung des Gesetz­ge­bers für die Lohn­sum­men­re­ge­lung anstel­le einer strik­ten Bin­dung an den Erhalt der kon­kre­ten Arbeits­plät­ze liegt inner­halb sei­nes Gestaltungsspielraums.

Die Frei­stel­lung von Betrie­ben mit nicht mehr als 20 Beschäf­tig­ten ver­stößt jedoch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Rege­lung ver­folgt ins­be­son­de­re das Ziel der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung. Erwer­ber von Betrie­ben mit bis zu 20 Beschäf­tig­ten wer­den jedoch unver­hält­nis­mä­ßig pri­vi­le­giert. Nach den Aus­füh­run­gen des Bun­des­fi­nanz­hofs wei­sen weit über 90 % aller Betrie­be in Deutsch­land nicht mehr als 20 Beschäf­tig­te auf. Betrie­be kön­nen daher fast flä­chen­de­ckend die steu­er­li­che Begüns­ti­gung ohne Rück­sicht auf die Erhal­tung von Arbeits­plät­zen bean­spru­chen, obwohl der mit dem Nach­weis und der Kon­trol­le der Min­dest­lohn­sum­me ver­bun­de­ne Ver­wal­tungs­auf­wand nicht so hoch ist wie teil­wei­se gel­tend gemacht wird. Die Gren­ze einer zuläs­si­gen Typi­sie­rung wird über­schrit­ten, da das Regel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis der gesetz­ge­be­ri­schen Ent­las­tungs­ent­schei­dung fak­tisch in sein Gegen­teil ver­kehrt wird. Sofern der Gesetz­ge­ber an dem gegen­wär­ti­gen Ver­scho­nungs­kon­zept fest­hält, wird er die Frei­stel­lung von der Lohn­sum­men­pflicht auf Betrie­be mit eini­gen weni­gen Beschäf­tig­ten begren­zen müssen.

cc) Die Behal­tens­frist von fünf oder sie­ben Jah­ren ist im Grund­satz mit Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar, zumal sie durch Lohn­sum­men­re­ge­lung und Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­test ange­mes­sen ergänzt wird.

dd) Die Rege­lung über das Ver­wal­tungs­ver­mö­gen ist nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar. Die Zie­le des Gesetz­ge­bers, nur pro­duk­ti­ves Ver­mö­gen zu för­dern und Umge­hun­gen durch steu­er­li­che Gestal­tung zu unter­bin­den, sind zwar legi­tim und auch ange­mes­sen. Dies gilt jedoch nicht, soweit begüns­tig­tes Ver­mö­gen mit einem Anteil von bis zu 50 % Ver­wal­tungs­ver­mö­gen ins­ge­samt in den Genuss der steu­er­li­chen Pri­vi­le­gie­rung gelangt. Ein trag­fä­hi­ger Recht­fer­ti­gungs­grund für eine der­art umfang­rei­che Ein­be­zie­hung von Ver­mö­gens­be­stand­tei­len, die das Gesetz eigent­lich nicht als för­de­rungs­wür­dig ansieht, ist nicht erkenn­bar. Das Ziel, steu­er­li­che Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten zu unter­bin­den, kann die Rege­lung kaum errei­chen; im Gegen­teil dürf­te sie die Ver­la­ge­rung von pri­va­tem in betrieb­li­ches Ver­mö­gen eher begüns­ti­gen. Auch ein spür­ba­rer Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chungs­ef­fekt ist nicht erkenn­bar, denn der Anteil des Ver­wal­tungs­ver­mö­gens ist auch für die Anwen­dung der 50 %-Regel zu ermit­teln. Schließ­lich ist die Rege­lung nicht mit der Typi­sie­rung des § 13b Abs. 4 ErbStG in Ein­klang zu brin­gen, nach der jedes Unter­neh­men über nicht begüns­ti­gungs­fä­hi­ges Ver­wal­tungs­ver­mö­gen im Umfang von 15 % des gesam­ten Betriebs­ver­mö­gens ver­fü­gen soll.

ee) Ein Steu­er­ge­setz ist ver­fas­sungs­wid­rig, wenn es – über den aty­pi­schen Ein­zel­fall hin­aus – Gestal­tun­gen zulässt, mit denen Steu­er­ent­las­tun­gen erzielt wer­den kön­nen, die es nicht bezweckt und die gleich­heits­recht­lich nicht zu recht­fer­ti­gen sind. Dies ist der Fall bei Gestal­tun­gen, wel­che die Lohn­sum­men­pflicht durch Betriebs­auf­spal­tun­gen umge­hen, wel­che die 50 %-Regel in Kon­zern­struk­tu­ren nut­zen und bei soge­nann­ten Cash-Gesellschaften.

(1) Da bereits die Frei­stel­lung von Betrie­ben mit bis zu 20 Beschäf­tig­ten von der Pflicht zur Ein­hal­tung der Min­dest­lohn­sum­me eine unver­hält­nis­mä­ßi­ge Pri­vi­le­gie­rung dar­stellt, gilt dies erst recht für Gestal­tun­gen, die die unent­gelt­li­che Über­tra­gung von Betrie­ben mit mehr als 20 Beschäf­tig­ten ohne Ein­hal­tung der Lohn­sum­men­vor­schrift ermög­li­chen. Der Bun­des­fi­nanz­hof führt als Gestal­tungs­bei­spiel an, dass ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäf­tig­ten in eine Besitz­ge­sell­schaft und eine Betriebs­ge­sell­schaft auf­ge­spal­ten wird. Indem § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG es zulässt, dass die Bin­dung an die Lohn­sum­me auf die­se Wei­se umgan­gen wird, ver­stößt er gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

(2) Da der Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­test dem „Alles-oder-Nichts-Prin­zip“ folgt, ist die Betei­li­gung an einer Gesell­schaft ins­ge­samt nicht dem Ver­wal­tungs­ver­mö­gen zuzu­ord­nen, wenn ihr Anteil an Ver­wal­tungs­ver­mö­gen 50 % oder weni­ger beträgt. Bei mehr­stu­fi­gen Kon­zern­struk­tu­ren kann dies zu einem Kas­ka­den­ef­fekt füh­ren. Bei einer Betei­li­gung auf unte­rer Stu­fe mit einem Ver­wal­tungs­ver­mö­gen von bis zu 50 % ent­steht dort ins­ge­samt begüns­tig­tes Ver­mö­gen, das auf der nächst­hö­he­ren Betei­li­gungs­stu­fe voll­stän­dig als begüns­tig­tes Ver­mö­gen gewer­tet wird, obwohl bei einer Gesamt­be­trach­tung des Kon­zerns der Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­an­teil über­wiegt. Indem die Vor­schrift des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG sol­che Kon­zern­ge­stal­tun­gen zulässt, ver­stärkt sie den ohne­hin bereits im Hin­blick auf die Grund­form der 50 %-Regel fest­ge­stell­ten Gleichheitsverstoß.

(3) Eine „Cash-GmbH“ ist eine Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung, deren Ver­mö­gen aus­schließ­lich aus Geld­for­de­run­gen besteht. Bis zum 7. Juni 2013 rech­ne­ten Geld­for­de­run­gen nicht zum Ver­wal­tungs­ver­mö­gen. Für die steu­er­li­che Pri­vi­le­gie­rung von Geld­ver­mö­gen in einer aus­schließ­lich ver­mö­gens­ver­wal­ten­den „Cash-Gesell­schaft“ spre­chen offen­sicht­lich kei­ne Grün­de von sol­chem Gewicht, dass sie eine voll­stän­di­ge und in der Höhe unbe­grenz­te Bes­ser­stel­lung gegen­über sons­ti­gem nicht betrieb­li­chem Geld­ver­mö­gen oder sons­ti­gem Ver­wal­tungs­ver­mö­gen tra­gen könnten.

4. Die fest­ge­stell­ten Gleich­heits­ver­stö­ße erfas­sen die §§ 13a und 13b ErbStG ins­ge­samt; dies gilt für die Ursprungs­fas­sung des Erb­schaft­steu­er­re­form­ge­set­zes vom 24. Dezem­ber 2008 und alle Fol­ge­fas­sun­gen. Auf­grund der fest­ge­stell­ten Gleich­heits­ver­stö­ße erwei­sen sich wich­ti­ge Ele­men­te der §§ 13a und 13b ErbStG als ver­fas­sungs­wid­rig. Ohne sie kön­nen die rest­li­chen ‑ nicht bean­stan­de­ten ‑ Bestand­tei­le nicht mehr sinn­voll ange­wandt wer­den. Auch § 19 Abs. 1 ErbStG, der die Besteue­rung begüns­tig­ten wie nicht begüns­tig­ten Ver­mö­gens glei­cher­ma­ßen betrifft, ist in der Ver­bin­dung mit §§ 13a und 13b ErbStG für unver­ein­bar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklä­ren. Die genann­ten Nor­men gel­ten bis 30. Juni 2016 fort; der Gesetz­ge­ber ist ver­pflich­tet, bis spä­tes­tens zu die­sem Zeit­punkt eine Neu­re­ge­lung zu tref­fen. Die Fort­gel­tung der ver­fas­sungs­wid­ri­gen Nor­men begrün­det kei­nenVer­trau­ens­schutz gegen­über einer bis zur Urteils­ver­kün­dung rück­wir­ken­den Neu­re­ge­lung, die einer exzes­si­ven Aus­nut­zung der gleich­heits­wid­ri­gen §§ 13a und 13b ErbStG die Aner­ken­nung versagt.

Abwei­chen­de Mei­nung der Rich­ter Gai­er und Masing sowie der Rich­te­rin Baer

Wir stim­men der Ent­schei­dung zu, sind aber der Ansicht, dass zu ihrer Begrün­dung ein wei­te­res Ele­ment gehört: das Sozi­al­staats­prin­zip des Art. 20 Abs. 1 GG. Es sichert die Ent­schei­dung wei­ter ab und macht ihre Gerech­tig­keits­di­men­si­on erst voll sicht­bar. Die Erb­schaft­steu­er dient nicht nur der Erzie­lung von Steu­er­ein­nah­men, son­dern ist zugleich ein Instru­ment des Sozi­al­staats, um zu ver­hin­dern, dass Reich­tum in der Fol­ge der Gene­ra­tio­nen in den Hän­den weni­ger kumu­liert und allein auf­grund von Her­kunft oder per­sön­li­cher Ver­bun­den­heit unver­hält­nis­mä­ßig anwächst. Dass hier auch in Blick auf die gesell­schaft­li­che Wirk­lich­keit eine Her­aus­for­de­rung liegt, zeigt die Ent­wick­lung der tat­säch­li­chen Ver­mö­gens­ver­tei­lung. Ver­wies schon Böcken­för­de in sei­nem Son­der­vo­tum zur Ver­mö­gen­steu­er für das Jahr 1993 dar­auf, dass 18,4 % der pri­va­ten Haus­hal­te über 60 % des gesam­ten Net­to­geld­ver­mö­gens ver­füg­ten, lag die­ser Anteil bereits im Jahr 2007 in den Hän­den von nur noch 10 %. Die Schaf­fung eines Aus­gleichs sich sonst ver­fes­ti­gen­der Ungleich­hei­ten liegt in der Ver­ant­wor­tung der Poli­tik ‑ nicht aber in ihrem Belie­ben. Wie der Senat schon für die Gleich­heits­prü­fung betont, belässt die Ver­fas­sung dem Gesetz­ge­ber dabei einen wei­ten Spiel­raum. Auf­grund sei­ner Bin­dung an Art. 20 Abs. 1 GG ist er aber beson­de­ren Recht­fer­ti­gungs­an­for­de­run­gen unter­wor­fen, je mehr von die­ser Belas­tung jene aus­ge­nom­men wer­den, die unter markt­wirt­schaft­li­chen Bedin­gun­gen leis­tungs­fä­hi­ger sind als ande­re. Die in der Ent­schei­dung ent­wi­ckel­ten Maß­ga­ben tra­gen dazu bei, dass Ver­scho­nungs­re­ge­lun­gen nicht zur Anhäu­fung und Kon­zen­tra­ti­on größ­ter Ver­mö­gen in den Hän­den Weni­ger führen.

Quel­le zum Bei­trag: Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zur Erb­schaft- und Schen­kung­steu­er 17. Dezem­ber 2014 – BVerfG, Urteil vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12

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