Die fünf­jäh­ri­ge Zah­lungs­ver­jäh­rung (§ 228 AO) wird durch die in § 231 Abs. 1 Satz 1 AO abschlie­ßend auf­ge­zähl­ten Maß­nah­men unter­bro­chen. Hier­zu gehö­ren unter ande­rem “Ermitt­lun­gen der Finanz­be­hör­de nach dem Wohn­sitz oder dem Auf­ent­halts­ort des Zah­lungs­pflich­ti­gen”. Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen einer Ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chung vor, beginnt mit Ablauf des Kalen­der­jah­res, in dem die Unter­bre­chung geen­det hat, eine neue fünf­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist (§ 231 Abs. 3 AO).

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs setzt die Ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chung eine nach außen wir­ken­de Maß­nah­me vor­aus; rein inner­dienst­li­che Maß­nah­men rei­chen nicht. Aller­dings ist die ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chen­de Wir­kung ‑zumin­dest im Fall der EMA-Anfra­ge- nicht davon abhän­gig, dass der Zah­lungs­pflich­ti­ge von die­ser Anfra­ge erfährt. Maß­ge­bend ist allein, dass das Finanz­amt den Ent­schluss fasst, sei­nen Zah­lungs­an­spruch durch­zu­set­zen, und dies über den rein inner­dienst­li­chen Bereich hin­aus nach außen sicht­bar wird. Bei einer Ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chung durch Ermitt­lun­gen zum Wohn­sitz bzw. Auf­ent­halts­ort des Zah­lungs­pflich­ti­gen muss hin­zu­kom­men, dass das Finanz­amt einen beson­de­ren Anlass hat­te, zur Rea­li­sie­rung des Zah­lungs­an­spruchs ent­spre­chen­de Ermitt­lungs­maß­nah­men ein­zu­lei­ten. Ein sol­cher Anlass besteht nur dann, wenn ihm der Wohn­sitz bzw. Auf­ent­halts­ort des Zah­lungs­pflich­ti­gen unbe­kannt ist. Eine rein sche­ma­ti­sche Anfra­ge an das Ein­woh­ner­mel­de­amt kann die Ver­jäh­rung nicht unterbrechen.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hält an sei­ner Recht­spre­chung fest. Dar­aus folgt im Streit­fall, dass durch die EMA-Online-Anfra­ge vom 27.10.2009 die Ver­jäh­rung unter­bro­chen wurde.

Der Klä­ger kann sich nicht dar­auf beru­fen, dass es sich bei der EMA-Anfra­ge um eine rein sche­ma­ti­sche Wohn­sitz­an­fra­ge zur Ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chung gehan­delt habe. Denn nach den bin­den­den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Finanz­ge­richt (§ 118 Abs. 2 FGO) war der Wohn­sitz des Klä­gers dem Finanz­amt zum Zeit­punkt der EMA-Anfra­ge unbe­kannt. Damit gab es einen kon­kre­ten Anlass für die­se Ermitt­lungs­maß­nah­me. Auf eine etwa­ige Kennt­nis ande­rer Finanz­be­hör­den kommt es nicht an.

Im Ergeb­nis war die EMA-Online-Anfra­ge vom 27.10.2009 auf die Durch­set­zung kon­kre­ter Zah­lungs­an­sprü­che gerich­tet. Dar­an ändert auch nichts, dass die Anfra­ge in Fol­ge der Bear­bei­tung einer intern vom Finanz­amt erstell­ten Ver­jäh­rungs­lis­te gestellt wor­den ist, die den Ein­tritt der Ver­jäh­rung ver­hin­dern soll­te. Denn unab­hän­gig davon war die Ermitt­lung des Wohn­sit­zes für die wei­te­re Durch­set­zung der Zah­lungs­an­sprü­che erfor­der­lich. Dass der Wohn­sitz auf ande­re Wei­se leich­ter zu ermit­teln gewe­sen wäre und in den Jah­ren bis 2004 und ab 2011 umfang­rei­che­re Maß­nah­men zur Durch­set­zung der Zah­lungs­an­sprü­che durch­ge­führt wor­den sind, ist eben­falls unschäd­lich. Wie der Bun­des­fi­nanz­hof bereits im Urteil vom 24.11.1992 (Az. VII R 63/92) aus­ge­führt hat, kommt es für den Ein­tritt einer Ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chung nicht dar­auf an, dass zur Durch­set­zung der Zah­lungs­an­sprü­che die zweck­mä­ßigs­te Maß­nah­me ergrif­fen wird.

Schließ­lich fehlt bei der EMA-Online-Anfra­ge vom 27.10.2009 auch nicht die erfor­der­li­che Außen­wir­kung. Nach den bin­den­den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Finanz­ge­richt (§ 118 Abs. 2 FGO) wur­de die durch­such­te Mel­de­da­ten­bank allein von der städ­ti­schen Mel­de­be­hör­de betrie­ben. Das Finanz­amt konn­te dar­auf zwar im Wege eines auto­ma­ti­sier­ten Abruf­ver­fah­rens zugrei­fen. Dies ändert jedoch nichts dar­an, dass das Finanz­amt ähn­lich wie bei einer schrift­li­chen EMA-Anfra­ge nach außen mani­fes­tiert hat, die strei­ti­gen Zah­lungs­an­sprü­che durch­set­zen zu wol­len. Der vom Bun­des­fi­nanz­hof im Urteil vom 28.11.2006 (Az. VII R 3/06) her­vor­ge­ho­be­ne Zweck, durch das Erfor­der­nis der Außen­wir­kung Rechts­si­cher­heit zu schaf­fen, recht­fer­tigt in solch einem Fall kei­ne wei­te­re Ein­schrän­kung der ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chen­den Maß­nah­men. Aller­dings tra­gen die Finanz­be­hör­den die Fest­stel­lungs­last, dass tat­säch­lich eine EMA-Online-Anfra­ge durch­ge­führt wor­den ist. Die­ser Nach­weis ist dem Finanz­amt nach dem von der Revi­si­on nicht ange­grif­fe­nen Ergeb­nis der Beweis­auf­nah­me des Finanz­ge­richt gelungen.

Ob die erfor­der­li­che Außen­wir­kung auch dann vor­ge­le­gen hät­te, wenn auf die Daten­bank des Bun­des­zen­tral­amts für Steu­ern (§ 139b Abs. 3 AO) bzw. auf eine ande­re (zumin­dest auch) von den Finanz­be­hör­den auf Grund­la­ge des auto­ma­ti­sier­ten Daten­ab­gleichs nach § 139b Abs. 6 bis 8 AO geführ­te Daten­bank zuge­grif­fen wor­den wäre, kann im Streit­fall offen bleiben.

Quel­le: BFH, Beschluss vom 17.09.2014, Az. VII R 8/13

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