Prak­ti­kan­ten, die ein so genann­tes Pflicht­prak­ti­kum absol­vie­ren, das nach hoch­schul­recht­li­cher Bestim­mung Zulas­sungs­vor­aus­set­zung für die Auf­nah­me eines Stu­di­ums ist, haben kei­nen Anspruch auf den gesetz­li­chen Min­dest­lohn. Das hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt entschieden.

Sach­ver­halt

Die kla­gen­de Stu­den­tin beab­sich­tig­te, sich an einer pri­va­ten, staat­lich aner­kann­ten Uni­ver­si­tät um einen Stu­di­en­platz im Fach Human­me­di­zin zu bewer­ben. Nach der Stu­di­en­ord­nung ist u.a. die Ableis­tung eines sechs­mo­na­ti­gen Kran­ken­pfle­ge­diens­tes Zugangs­vor­aus­set­zung für den Stu­di­en­gang. Vor die­sem Hin­ter­grund absol­vier­te die Klä­ge­rin in einem Kran­ken­haus, in der Zeit vom 20.05. bis zum 29.11.2019 ein Prak­ti­kum auf einer Krankenpflegestation.

Die Zah­lung einer Ver­gü­tung wur­de zwi­schen Prak­ti­kan­tin und Kli­nik nicht ver­ein­bart. Mit ihrer Kla­ge hat die Klä­ge­rin unter Beru­fung auf das Min­dest­lohn­ge­setz (MiLoG) Ver­gü­tung in Höhe von ins­ge­samt 10.269,85 Euro brut­to ver­langt. Sie hat gel­tend gemacht, sie habe im Rah­men einer Fünf­ta­ge­wo­che täg­lich 7,45 Stun­den Arbeit geleis­tet. Ein Vor­prak­ti­kum vor Auf­nah­me eines Stu­di­ums sei kein Pflicht­prak­ti­kum im Sin­ne des MiLoG, daher grei­fe die gesetz­li­che Aus­nah­me von der Ver­gü­tungs­pflicht nicht ein.

Ent­schei­dung

Schon das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge abge­wie­sen. Die hier­ge­gen gerich­te­te Revi­si­on der Klä­ge­rin hat­te kei­nen Erfolg. Das Beru­fungs­ge­richt hat im Ergeb­nis zutref­fend ange­nom­men, dass die Beklag­te nicht zur Zah­lung des gesetz­li­chen Min­dest­lohns nach § 1 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 MiLoG ver­pflich­tet ist.

Die Prak­ti­kan­tin unter­fällt nicht dem per­sön­li­chen Anwen­dungs­be­reich des Geset­zes. Der Aus­schluss von Ansprü­chen auf den gesetz­li­chen Min­dest­lohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG erfasst nach dem in der Geset­zes­be­grün­dung deut­lich zum Aus­druck kom­men­den Wil­len des Gesetz­ge­bers nicht nur obli­ga­to­ri­sche Prak­ti­ka wäh­rend des Stu­di­ums, son­dern auch sol­che, die in Stu­di­en­ord­nun­gen als Vor­aus­set­zung zur Auf­nah­me eines bestimm­ten Stu­di­ums ver­pflich­tend vor­ge­schrie­ben sind.

Dem steht nicht ent­ge­gen, dass die Stu­di­en­ord­nung von einer pri­va­ten Uni­ver­si­tät erlas­sen wur­de, denn die­se Uni­ver­si­tät ist staat­lich aner­kannt. Hier­durch ist die von der Hoch­schu­le erlas­se­ne Zugangs­vor­aus­set­zung im Ergeb­nis einer öffent­lich-recht­li­chen Rege­lung gleich­ge­stellt und damit gewähr­leis­tet, dass durch das Prak­ti­kums­er­for­der­nis in der Stu­di­en­ord­nung nicht der grund­sätz­lich bestehen­de Anspruch auf den gesetz­li­chen Min­dest­lohn für Prak­ti­kan­ten sach­wid­rig umgan­gen wird.

Sinn­ge­mäß steht im § 22 Abs. 1 MiLoG:

  • Prak­ti­kan­ten im Sin­ne des § 26 des Berufs­bil­dungs­ge­set­zes gel­ten als Arbeit­neh­mer, es sei denn, dass sie ein Pflicht­prak­ti­kum auf Grund einer schul­recht­li­chen Bestim­mung, einer Aus­bil­dungs­ord­nung, einer hoch­schul­recht­li­chen Bestim­mung oder im Rah­men einer Aus­bil­dung an einer gesetz­lich gere­gel­ten Berufs­aka­de­mie leisten, …
  • Ein Prak­ti­kant ist unab­hän­gig vom Rechts­ver­hält­nis, wer sich nach ent­spre­chend des Ver­trags für eine begrenz­te Dau­er zum Erwerb prak­ti­scher Kennt­nis­se und Erfah­run­gen einer bestimm­ten betrieb­li­chen Tätig­keit zur Vor­be­rei­tung auf eine beruf­li­che Tätig­keit unter­zieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufs­aus­bil­dung im Sin­ne des Berufs­bil­dungs­ge­set­zes oder um eine damit ver­gleich­ba­re prak­ti­sche Aus­bil­dung handelt.

Quel­le: BAG, Urteil vom 19.01.2022, Az. 5 AZR 217/21

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