Nimmt ein Erblasser in seinem handschriftlichen Testament auf einen maschinengeschriebenen Testamentsentwurf Bezug, den ein Notar zuvor für ihn errichtet hatte, ist sein handschriftliches Testament insgesamt unwirksam.
Der verstorbene Erblasser hinterließ insgesamt drei Kinder, acht Enkel und elf verschiedene Verfügungen von Todes wegen. In einem der handschriftlichen unterschriebenen Testamente verfügte der Erblasser, dass er einen von einer Notarin ihm zuvor übersandten Entwurf eines Testaments akzeptiere. Einen darauf gestützten Alleinerbscheinsantrag wies das Nachlassgericht mit der Begründung zurück, dass das handschriftliche Testament formnichtig war. Das OLG Köln weist die dagegen eingelegte Beschwerde des Erbprätendenten zurück.
Die Bezugnahme des Erblassers in seinem eigenhändigen Testament auf den nicht von ihm, sondern der Notarin maschinell aufgesetzten Testamentsentwurf ist formunwirksam nach § 2247 BGB und deshalb gemäß § 145 BGB nichtig. Der verstorbene bezieht sich auf ein nicht von ihm mit der Hand geschriebene Schreiben. Eine solche Bezugnahme ist mittels eigenhändigen Testaments nicht möglich. Der Erblasser kann hinsichtlich des Inhalts seiner letztwilligen Verfügung nur auf von ihm eigenhändig geschriebene, formwirksame Schriftstücke oder wirksam errichtete öffentliche Testamente Bezug nehmen. Dient hingegen ein Testament, welches in unwirksamer Form errichtet wurde, nur der Erläuterung eigener, allerdings wirksam angeordneter testamentarischer Verfügungen, ist eine solche Bezugnahme ausnahmsweise möglich, denn sie dient dann nur der Auslegung des bereits formgültig erklärten Willens des Verstorbenen. In diesen Fällen ist nach der Andeutungstheorie der eigene erklärte Wille zwar formgültig errichtet, jedoch durch Auslegung konkretisierbar. Der Wille des Erblassers, den Antragsteller zum Alleinerben einzusetzen, ist aus dem von ihm selbst handschriftlich niedergelegten Teil des Testaments nicht – auch nicht andeutungsweise – erkennbar. Nur dass der Verstorbene seine Tochter ein Erben und deren Kindern zwei Grundstücke zuwenden wollte, ist aus dem wirksam errichteten Testament ersichtlich. Der darüber hinausgehende Inhalt des in Bezug genommenen formunwirksamen notariellen Entwurfs ist hingegen auch nicht andeutungsweise aus dem handschriftlichen Testament zu entnehmen. Selbst vom Erblasser stammende, auf den notariellen Entwurf aufgebrachte handschriftliche Vermerke verhelfen diesem nicht zur Formwirksamkeit. Ihnen kommt ein über den handgeschriebenen Teil hinaus wirkende Bedeutungswert nicht zu; ohnehin sind die Vermerke nicht gemäß § 2247 BGB unterschrieben.
Der Formmangel führt nach § 2085 BGB zur vollständigen Unwirksamkeit des Testaments, so dass auch die handschriftlichen testamentarischen Anordnungen unwirksam sind. Dies ergibt sich daraus, dass die wesentlichen Verfügungen des Erblassers, nämlich die Bestimmung des Erben, im formunwirksamen, maschinellen notariellen Entwurf enthalten sind und der handschriftliche Testamentstext bloße Ergänzungen dazu beinhaltet. Der Senat geht davon aus, dass der Erblasser seine testamentarischen Verfügungen nur als Ganzes gewollt hätte, so dass nur eine „Zusammenschau“ des formwirksamen mit dem unwirksamen Testamentsteil dem mutmaßlichen Erblasserwillen entsprochen hätte. Infolgedessen ist auch das handschriftliche Testament formunwirksam, weshalb der Antrag auf Erteilung des Alleinerbscheins zurückgewiesen wird.
Praxishinweis:
Eine Bezugnahme in einem Testament auf andere Schriftstücke ist nur dann zulässig, wenn das Schriftstück, auf welches aus dem Testament heraus verwiesen wird, selbst formgerecht – handschriftlich mit Unterschrift oder notariell – errichtet ist. Dann genügt, dass sich eine Gesamtverständlichkeit des letzten Willens aus beiden Urkunden ergibt. Die Bezugnahme auf ein nicht in Testamentsform verfasstes Schriftstück ist nur dann unschädlich, wenn sie nur der Erklärung testamentarisch wirksamer Bestimmungen dient, die mit diesem in Bezug genommenen Schriftstück ausgelegt werden können. Der zu ermittelnde Wille des Erblassers muss jedoch im wirksam errichteten Testament selbst eine hinreichende Stütze finden, wie die Andeutungstheorie vorgibt.
Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 06.10.2014, Az. 2 Wx 249/14, NJW-Spezial 2015, 200
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