Der BFH hat entschieden, dass Eltern für ein Kind, das sich während eines mehrjährigen Studiums außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums aufhält, weiterhin Kindergeld beziehen können, wenn das Kind einen Wohnsitz im Haushalt der Eltern beibehält.
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger mit chinesischer Herkunft. Sein 1994 geborener Sohn absolvierte nach dem Ende seiner schulischen Ausbildung zunächst einen einjährigen Sprachkurs in China und entschied sich nach dessen Ende für ein im September 2013 beginnendes vierjähriges Bachelorstudium in China. Während des Studiums wohnte der Sohn in einem Studentenwohnheim. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden am Studienort nicht. In den Sommersemesterferien 2013 und 2014 kehrte der Sohn für jeweils ca. sechs Wochen nach Deutschland zurück und war während dieser Zeiten in der elterlichen Wohnung in seinem Kinderzimmer untergebracht. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab September 2013 auf, da sie davon ausging, dass der Sohn seinen Wohnsitz vom Inland nach China verlegt habe.
Das FG Nürnberg hatte der Klage stattgegeben. Gegen die Entscheidung legte die Familienkasse Revision ein.
Der BFH hat die Revision zurückgewiesen.
Voraussetzung eines Kindergeldanspruchs sei u.a., so der BFH, dass das Kind einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat habe, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung finde. Es sei insoweit davon auszugehen, dass der Sohn zumindest während des Streitzeitraums (September 2013 bis März 2014) trotz seines Studiums in China einen inländischen Wohnsitz beibehalten habe. Da vorübergehende, weniger als einjährige Auslandsaufenthalte grundsätzlich nicht zum Wegfall des Inlandswohnsitzes führten, sei der vor dem Studium durchgeführte Sprachkurs als unproblematisch anzusehen.
Aber auch im Hinblick auf das Studium selbst billigte der BFH im Ergebnis die Würdigung des Finanzgerichts, dass noch keine Wohnsitzverlagerung nach China stattgefunden habe. Maßgeblich sei insofern gewesen, dass der Sohn mindestens die Hälfte seiner ausbildungsfreien Zeit in Deutschland verbrachte und seine Wohnverhältnisse sowie persönlichen Bindungen einen stärkeren Bezug zum Inland als zum Studienort aufwiesen. Unerheblich sei dagegen, ob der Kläger oder sein Sohn über ausländische Wurzeln verfügten.
Quelle: BFH, Urteil vom 23.06.2015, Az. III R 38/14
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