Erst­mals haben Bau­spa­rer Recht bekom­men, die sich gegen die Kün­di­gung ihres Bau­spar­ver­trags durch die Bau­spar­kas­se Bade­nia gewehrt haben. Der Ver­zicht auf ein Dar­le­hen ist kein Grund zur Kün­di­gung, urteilt das Land­ge­richt Karls­ru­he. Auch Wüs­ten­rot erlei­det eine Niederlage.

Nach einer Rei­he juris­ti­scher Nie­der­la­gen haben jetzt Bau­spa­rer erst­mals Recht bekom­men, die sich gegen die Kün­di­gung ihres Bau­spar­ver­trags durch die Bau­spar­kas­se zur Wehr gesetzt haben. Das Land­ge­richt Karls­ru­he (Urteil vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15) hat ent­schie­den, dass ein Bau­spar­ver­trag, den die Bau­spar­kas­se Bade­nia gekün­digt hat­te, wei­ter­ge­führt wer­den muss.

Die Bau­spar­kas­se hat­te einem Ehe­paar gekün­digt, weil der Ver­trag seit April 2002 zutei­lungs­reif war, die Kun­den aber kein Dar­le­hen in Anspruch genom­men haben, son­dern den Ver­trag mit einem Gut­ha­ben­zins von 2,5 Pro­zent wei­ter anspar­ten. Die Bau­spar­kas­se kün­dig­te im Febru­ar 2015 den Ver­trag – nach dem Urteil des Land­ge­richts zu Unrecht.

Nach Ansicht des Gerichts steht der Bau­spar­kas­se nach den All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen (ABB) kein Kün­di­gungs­recht zu. Auch aus dem Bür­ger­li­chen Gesetz­buch (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) lässt sich danach kein Kün­di­gungs­recht der Bau­spar­kas­se ablei­ten. Fast alle Bau­spar­kas­sen beru­fen sich in ihren Kün­di­gun­gen auf die­sen Para­gra­fen, der die Rech­te eines Dar­le­hens­neh­mers regelt. Die Bau­spar­kas­sen sehen sich in der Anspar­pha­se als Dar­le­hens­neh­mer des Kun­den. Sie argu­men­tie­ren, dass sie durch das BGB nach zehn Jah­ren das Recht zur Kün­di­gung hät­ten, wobei sie den im Gesetz ange­führ­ten voll­stän­di­gen Emp­fang der Dar­le­hensva­lu­ta mit der Zutei­lungs­rei­fe eines Bau­spar­ver­trags gleichsetzen.

Bade­nia will in Beru­fung gehen

Das Land­ge­richt hält den Para­gra­fen für nicht auf das Bau­spa­ren anwend­bar. Für das Gericht han­delt es sich um einen ein­heit­li­chen Ver­trag, bei dem Bau­spa­rer und Bau­spar­kas­se mit der Inan­spruch­nah­me des Bau­spar­dar­le­hens ihre jewei­li­gen Rol­len als Dar­le­hens­ge­ber und Dar­le­hens­neh­mer tauschen.

Eine Kün­di­gun­gen ist allen­falls dann mög­lich, wenn der Bau­spa­rer kein Anrecht mehr auf ein Dar­le­hen hat, weil er den Ver­trag kom­plett bes­part hat. Nur dann darf die Bau­spar­kas­se mit einer Frist von sechs Mona­ten den Ver­trag been­den. Die Bau­spar­kas­se Bade­nia will in Beru­fung gehen; sie hält den § 489 BGB nach wie vor für anwend­bar. Kom­plett bes­par­te Ver­trä­ge haben die Bau­spar­kas­sen mitt­ler­wei­le durch­weg gekündigt.

Ganz ähn­lich wie in Karls­ru­he hat im August auch das Amts­ge­richt Lud­wigs­burg im Fall der Kün­di­gung eines Wüs­ten­rot-Bau­spar­ver­trags geur­teilt, der nun doch fort­ge­setzt wer­den muss. Auch die Rich­ter in Lud­wigs­burg wehr­ten den Ver­such der Bau­spar­kas­se ab, sich auf das BGB zu beru­fen: Die Anwen­dung auf Bau­spar­kas­sen ent­spre­che nicht dem Sinn und Zweck der Vor­schrift, heißt es in dem Urteil.

Regel­rech­te Kün­di­gungs­wel­le in der Branche

Seit gut einem Jahr gibt es eine regel­rech­te Kün­di­gungs­wel­le in der Bran­che mit dem Ziel, Bau­spa­rer los­zu­wer­den, die weni­ger an einem Bau­spar­dar­le­hen, son­dern eher an hohen Bau­spar­zin­sen inter­es­siert sind. Schät­zun­gen zufol­ge sind etwa 200 000 Ver­trä­ge gekün­digt wor­den. Hin­ter­grund sind die aktu­ell nied­ri­gen Zin­sen, die den Bau­spar­kas­sen Kopf­zer­bre­chen berei­ten, weil sie ande­rer­seits aus Alt­ver­trä­gen Gut­ha­ben häu­fig noch mit vier bis fünf Pro­zent ver­zin­sen müssen.

Die Bau­spar­kas­sen haben in Zei­ten eines schwa­chen Neu­ge­schäfts Kun­den mit der Aus­sicht auf die hohen Zin­sen gekö­dert und dabei auch Spa­rer ange­spro­chen, die von vor­ne­her­ein kein Inter­es­se an einem Dar­le­hen hat­ten. In die Klem­me gekom­men, ver­su­chen sie nun zu argu­men­tie­ren, dass zehn Jah­re nach der Zutei­lungs­rei­fe nicht mehr damit zu rech­nen sei, dass der Spa­rer das Dar­le­hen noch haben wolle.

Betrof­fe­nen Bau­spa­rern emp­feh­le ich in jedem Fall gegen die Kün­di­gung ihres Bau­spar­ver­trags gericht­lich vor­zu­ge­hen. Ein vor­he­ri­ges Ein­len­ken der Bau­spar­kas­sen ist nicht zu erwar­ten. Mit ers­ten weg­wei­sen­den Ent­schei­dun­gen von Ober­lan­des­ge­richt ist in 2016 zu rechnen.

Quel­le: Stutt­gar­ter Zei­tung, Aus­ga­be vom 22.10.2015

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