Der BFH hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen (wie Krankheitskosten) weitergehend als bisher steuerlich geltend machen können mit der Folge, dass Steuerpflichtige nunmehr in der Regel früher und in größerem Umfang durch ihnen entstandene außergewöhnliche Belastungen steuerlich entlastet werden können. Im folgenden Beitrag: Zumutbare Belastung stufenweise beim Abzug außergewöhnlicher Belastungen, erfahren Sie mehr darüber:
Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen ist nach § 33 Abs. 1 und 3 EStG nur möglich, wenn der Steuerpflichtige mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Eine Zumutbarkeitsgrenze (“zumutbare Belastung”) wird in drei Stufen (Stufe 1 bis 15.340 Euro, Stufe 2 bis 51.130 Euro, Stufe 3 über 51.130 Euro) nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrages der Einkünfte (abhängig von Familienstand und Kinderzahl) bemessen (1 bis 7%). Der Prozentsatz beträgt z.B. bei zusammenveranlagten Ehegatten mit einem oder zwei Kindern 2% (Stufe 1), 3% (Stufe 2) und 4% (Stufe 3).
Im Streitfall hatte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung Krankheitskosten i.H.v. 4.148 Euro als außergewöhnliche Belastungen erklärt. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute über 51.130 Euro lag, berechnete das Finanzamt die zumutbare Belastung unter Anwendung des in der Situation des Klägers höchstmöglichen Prozentsatzes von 4%. Die Krankheitskosten der Eheleute wirkten sich nach dem Abzug der zumutbaren Belastung nur noch mit 2.069 Euro steuermindernd aus.
Der BFH hat dem Kläger insoweit Recht gegeben, als er die vom Finanzamt berücksichtigte zumutbare Belastung neu ermittelt hat: Bei der nun gestuften Ermittlung (im Streitfall 2% bis 15.340 Euro, 3% bis 51.130 Euro und 4% erst in Bezug auf den die Grenze von 51.130 Euro übersteigenden Teil der Einkünfte) erhöhen sich die zu berücksichtigenden Krankheitskosten um 664 Euro.
Nach Auffassung des BFH wird jetzt nur noch der Teil des Gesamtbetrages der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet. Danach erfasse z.B. der Prozentsatz für Stufe 3 nur den 51.130 Euro übersteigenden Teilbetrag der Einkünfte. Bislang gingen demgegenüber Finanzverwaltung und Rechtsprechung davon aus, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richte, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreite. Danach war der höhere Prozentsatz auf den Gesamtbetrag aller Einkünfte anzuwenden.
Maßgebend für die Entscheidung des BFH seien insbesondere der Wortlaut der Vorschrift, der für die Frage der Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes gerade nicht auf den “gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte” abstelle, sowie die Vermeidung von Härten, die bei der Berechnung durch die Finanzverwaltung entstehen konnten, wenn eine vorgesehene Stufe nur geringfügig überschritten wurde.
Das Urteil betreffe zwar nur den Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 EStG, sei aber im Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht auf die Geltendmachung von Krankheitskosten beschränkt.
Quelle zum Beitrag: Zumutbare Belastung stufenweise beim Abzug außergewöhnlicher Belastungen – BGH, Urteil vom 19.01.2017, Az. VI R 75/14
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