Zah­lungs­pflicht bei coro­nabe­ding­ter Schlie­ßung eines Fitnessstudios

Der u.a. für das gewerb­li­che Miet­recht zustän­di­ge XII. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat­te die Fra­ge zu ent­schei­den, ob die Betrei­be­rin eines Fit­ness-Stu­di­os zur Rück­zah­lung von Mit­glieds­bei­trä­gen ver­pflich­tet ist, wel­che sie in der Zeit, in der sie ihr Fit­ness­stu­dio auf­grund der hoheit­li­chen Maß­nah­men zur Bekämp­fung der COVID-19-Pan­de­mie schlie­ßen muss­te, von einem Kun­den per Last­schrift ein­ge­zo­gen hat.

Sach­ver­halt

Die Par­tei­en schlos­sen am 13. Mai 2019 einen Ver­trag über die Mit­glied­schaft im Fit­ness­stu­dio der Beklag­ten mit einer Lauf­zeit von 24 Mona­ten, begin­nend ab dem 8. Dezem­ber 2019. Der monat­li­che Mit­glieds­bei­trag, der im Last­schrift­ver­fah­ren ein­ge­zo­gen wur­de, betrug 29,90 € nebst einer halb­jäh­ri­gen Ser­vice­pau­scha­le. Auf­grund der Maß­nah­men zur Bekämp­fung der COVID-19-Pan­de­mie muss­te die Beklag­te das Fit­ness­stu­dio in der Zeit vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020 schlie­ßen. Die Monats­bei­trä­ge für die­sen Zeit­raum zog sie wei­ter­hin vom Kon­to des Klä­gers ein.

Eine vom Klä­ger mit Schrei­ben vom 7. Mai 2020 erklär­te Kün­di­gung sei­ner Mit­glied­schaft zum 8. Dezem­ber 2021 wur­de von der Beklag­ten akzep­tiert. Mit Schrei­ben vom 15. Juni 2020 ver­lang­te der Klä­ger von der Beklag­ten die Rück­zah­lung der per Last­schrift ein­ge­zo­ge­nen Mit­glieds­bei­trä­ge für den Zeit­raum vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020. Nach­dem eine Rück­zah­lung nicht erfolg­te, for­der­te der Klä­ger die Beklag­te auf, ihm für den Schlie­ßungs­zeit­raum einen Wert­gut­schein über den ein­ge­zo­ge­nen Betrag aus­zu­stel­len. Die Beklag­te hän­dig­te dem Klä­ger kei­nen Wert­gut­schein aus, son­dern bot ihm eine “Gut­schrift über Trai­nings­zeit” für den Zeit­raum der Schlie­ßung an. Die­ses Ange­bot nahm der Klä­ger nicht an.

Bis­he­ri­ger Prozessverlauf

Das Amts­ge­richt hat die Beklag­te zur Rück­zah­lung der Monats­bei­trä­ge für den Schlie­ßungs­zeit­raum in Höhe von 86,75 € nebst Zin­sen und außer­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten ver­ur­teilt. Ihre hier­ge­gen gerich­te­te Beru­fung hat das Land­ge­richt zurück­ge­wie­sen. Die vom Land­ge­richt zuge­las­se­ne Revi­si­on, mit der die Beklag­te wei­ter­hin die Abwei­sung der Kla­ge errei­chen woll­te, hat­te kei­nen Erfolg.

Ent­schei­dung des BGH

Der Bun­des­ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass der Klä­ger gemäß §§ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 346 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rück­zah­lung der für den Zeit­raum der Schlie­ßung ent­rich­te­ten Monats­bei­trä­ge hat. Die­sem Rück­zah­lungs­an­spruch des Klä­gers kann die Beklag­te nicht ent­ge­gen­hal­ten, der Ver­trag sei wegen Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahin­ge­hend anzu­pas­sen, dass sich die ver­ein­bar­te Ver­trags­lauf­zeit um die Zeit, in der das Fit­ness­stu­dio geschlos­sen wer­den muss­te, ver­län­gert wird.

Gemäß § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf Leis­tung aus­ge­schlos­sen, soweit die­se für den Schuld­ner oder für jeder­mann unmög­lich ist. Recht­li­che Unmög­lich­keit ist gege­ben, wenn ein geschul­de­ter Erfolg aus Rechts­grün­den nicht her­bei­ge­führt wer­den kann oder nicht her­bei­ge­führt wer­den darf. So liegt der Fall hier.

Wäh­rend des Zeit­raums, in dem die Beklag­te auf­grund der hoheit­li­chen Maß­nah­men zur Bekämp­fung der COVID-19-Pan­de­mie ihr Fit­ness­stu­dio schlie­ßen muss­te, war es ihr recht­lich unmög­lich, dem Klä­ger die Mög­lich­keit zur ver­trags­ge­mä­ßen Nut­zung des Fit­ness­stu­di­os zu gewäh­ren und damit ihre ver­trag­lich geschul­de­te Haupt­leis­tungs­pflicht zu erfüllen.

Obwohl die Beklag­te das Fit­ness­stu­dio im Hin­blick auf die zeit­li­che Befris­tung der Coro­na-Schutz­maß­nah­men ledig­lich vor­über­ge­hend schlie­ßen muss­te, liegt kein Fall einer nur vor­über­ge­hen­den Unmög­lich­keit vor, die von § 275 Abs. 1 BGB nicht erfasst wür­de. Ein nur zeit­wei­li­ges Erfül­lungs­hin­der­nis ist dann einem dau­ern­den gleich­zu­stel­len, wenn durch das Hin­der­nis die Errei­chung des Ver­trags­zwecks in Fra­ge gestellt ist und der einen oder ande­ren Par­tei bei bil­li­ger Abwä­gung der bei­der­sei­ti­gen Belan­ge nicht mehr zuge­mu­tet wer­den könn­te, die Leis­tung dann noch zu for­dern oder zu erbringen.

Wird – wie im vor­lie­gen­den Fall – für einen Fit­ness­stu­dio­ver­trag eine mehr­mo­na­ti­ge fes­te Ver­trags­lauf­zeit gegen Zah­lung eines monat­lich fäl­lig wer­den­den Ent­gelts ver­ein­bart, schul­det der Betrei­ber des Fit­ness­stu­di­os sei­nem Ver­trags­part­ner die Mög­lich­keit, fort­lau­fend das Stu­dio zu betre­ten und die Trai­nings­ge­rä­te zu nut­zen. Der Zweck eines Fit­ness­stu­dio­ver­trags liegt in der regel­mä­ßi­gen sport­li­chen Betä­ti­gung und damit ent­we­der in der Errei­chung bestimm­ter Fit­ness­zie­le oder zumin­dest der Erhal­tung von Fit­ness und kör­per­li­cher Gesund­heit. Auf­grund des­sen sind für den Ver­trags­part­ner gera­de die regel­mä­ßi­ge und ganz­jäh­ri­ge Öff­nung und Nutz­bar­keit des Stu­di­os von ent­schei­den­der Bedeutung.

Kann der Betrei­ber des Fit­ness­stu­di­os wäh­rend der ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit dem Ver­trags­part­ner die Nut­zungs­mög­lich­keit des Stu­di­os zeit­wei­se nicht gewäh­ren, etwa weil er – wie hier – das Fit­ness­stu­dio auf­grund der hoheit­li­chen Maß­nah­men zur Bekämp­fung der COVID-19-Pan­de­mie schlie­ßen muss, kann die­ser Ver­trags­zweck für den Zeit­raum der Schlie­ßung nicht erreicht wer­den. Die von dem Betrei­ber geschul­de­te Leis­tung ist des­halb wegen Zeit­ab­laufs nicht mehr nachholbar.

Zu Recht hat das Beru­fungs­ge­richt auch ange­nom­men, dass die Beklag­te dem Rück­zah­lungs­an­spruch des Klä­gers nicht ent­ge­gen­hal­ten kann, der Ver­trag sei wegen Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahin­ge­hend anzu­pas­sen, dass sich die ver­ein­bar­te Ver­trags­lauf­zeit um die Zeit, in der das Fit­ness­stu­dio geschlos­sen wer­den muss­te, ver­län­gert wird. Eine sol­che Ver­trags­an­pas­sung wird zwar in der instanz­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung teil­wei­se ver­tre­ten. Die­se Auf­fas­sung ver­kennt jedoch das Kon­kur­renz­ver­hält­nis zwi­schen § 275 Abs. 1 BGB und § 313 BGB. Eine Anpas­sung ver­trag­li­cher Ver­pflich­tun­gen an die tat­säch­li­chen Umstän­de kommt grund­sätz­lich dann nicht in Betracht, wenn das Gesetz in den Vor­schrif­ten über die Unmög­lich­keit der Leis­tung die Fol­ge der Ver­trags­stö­rung bestimmt. Daher schei­det eine Anwen­dung des § 313 BGB aus, soweit – wie im vor­lie­gen­den Fall – der Tat­be­stand des § 275 Abs. 1 BGB erfüllt ist.

Ein Anspruch der Beklag­ten auf die begehr­te Ver­trags­an­pas­sung schei­det auch des­halb aus, weil mit Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB eine spe­zi­el­le­re Vor­schrift besteht, die im vor­lie­gen­den Fall einem Rück­griff auf die all­ge­mei­nen Grund­sät­ze zur Ver­trags­an­pas­sung wegen Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge entgegensteht.

Die Ent­schei­dung dürf­te auch auf ande­re Frei­zeit­ein­rich­tun­gen über­trag­bar sein, die eine monat­li­che Gebühr ver­lan­gen und coro­nabe­dingt zeit­wei­se schlie­ßen muss­ten (z.B. Sport­ver­ei­ne, Tanz­schu­len u.ä.). Möch­ten auch Sie ihre zu Unrecht bezahl­ten Mit­glieds­bei­trä­ge erstat­tet ver­lan­gen oder sich gegen eine unwirk­sa­me Ver­trags­ver­län­ge­rung weh­ren, neh­men Sie mit uns Kon­takt auf.

Quel­le: BGH, Urteil vom 04.05.2022, Az. XII ZR 64/21

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