Vor­sor­ge­voll­mach­ten sind nur wir­kungs­voll, wenn sie Ärz­ten, Gerich­ten oder Ban­ken bekannt sind bzw. vor­ge­legt wer­den. Letz­te­re kön­nen sich scha­den­er­satz­pflich­tig machen, wenn sie ein­ge­setz­ten Bevoll­mäch­tig­ten den Zugriff auf Kon­ten ver­wei­gern und Bedin­gun­gen stel­len, die über die Vor­la­ge der Vor­sor­ge­voll­macht hinausgehen.

1. Der Fall des LG Detmold
Vor­lie­gend hat­te eine Per­son im Jahr 2002 mit einer Vor­sor­ge­voll­macht einen Bevoll­mäch­tig­ten bestimmt. Die Voll­macht schloss auch die Ver­tre­tung in allen Ver­mö­gens­an­ge­le­gen­hei­ten ein. Im Jahr 2009 hat­te die Voll­macht­ge­be­rin ein wei­te­res Spar­kon­to eröff­net. Die Bank (Beklag­te) ver­wei­ger­te jedoch eine Zah­lungs­an­wei­sung des Bevoll­mäch­tig­ten hin­sicht­lich des Spar­kon­tos und ver­lang­te fer­ner die Vor­la­ge einer Bestel­lungs­ur­kun­de und eines Betreuerausweises.

2. Die Ent­schei­dung des LG Detmold
Das LG Det­mold stell­te fest, dass der­ar­ti­ge Bedin­gun­gen bei Vor­lie­gen einer Voll­machts­ur­kun­de unzu­läs­sig sind, da sie weder ver­trag­lich ver­ein­bart noch aus haf­tungs­recht­li­chen Gesichts­punk­ten not­wen­dig waren. Der Bank lag die Vor­sor­ge­voll­macht als Tele­fax vor, des Wei­te­ren hat­te die Beklag­te schon zuvor ein­ge­räumt, dass die Unter­schrift unter der Voll­macht mit hin­ter­leg­ten Ver­gleichs­un­ter­schrif­ten über­ein­stim­me. Das Gericht ver­ur­teil­te die Beklag­te zum Scha­den­er­satz (hier: die ent­stan­de­ne Anwalts­ver­gü­tung) auf­grund einer objek­ti­ven Pflicht­ver­let­zung (§ 280 Abs. 1 BGB).

Nach Ansicht des Gerichts ließ sich nicht fest­stel­len, dass die Beklag­te die Vor­la­ge der Ori­gi­nal-Vor­sor­ge­voll­macht gefor­dert oder auf die­se Not­wen­dig­keit hin­ge­wie­sen habe. Auch habe sie weder außer­ge­richt­lich noch wäh­rend des Rechts­streits Zwei­fel an der Rechts­wirk­sam­keit der Voll­macht geäu­ßert (LG Det­mold, Urteil vom 14.01.2015, Az. 10 S 110/14).

3. Was bedeu­tet das Urteil für die Praxis?
Grund­sätz­lich las­sen sich mit nota­ri­el­len Vor­sor­ge­voll­mach­ten die Über­tra­gung ver­mö­gens­recht­li­cher Ent­schei­dun­gen am zuver­läs­sigs­ten absi­chern. Sie sind in der Regel rechts­si­cher und prä­zi­se for­mu­liert und auch im zen­tra­len Vor­sor­ge­re­gis­ter (ZVR) erfasst und abrufbar.

Bestehen­de Voll­mach­ten, die auch die ver­mö­gens­recht­li­che Bevoll­mäch­ti­gung ein­schlie­ßen, sind auch für nach der Erstel­lung der Vor­sor­ge­voll­macht eröff­ne­te Kon­ten oder Depots gül­tig. Hier­von darf aus­ge­gan­gen wer­den, wenn die bestehen­de Vor­sor­ge­voll­macht rechts­wirk­sam ist und nicht zwi­schen­zeit­lich geän­dert oder wider­ru­fen wurde.

Pro­ble­ma­tisch ist die Art der Vor­la­ge von Voll­mach­ten oder Aus­fer­ti­gun­gen. Hier­zu muss­te das Gericht vor­lie­gend nicht ent­schei­den, da die Bank zu kei­nem Zeit­punkt expli­zit die Vor­la­ge der Urkun­de bzw. einer Aus­fer­ti­gung ein­for­der­te und über­dies zumin­dest eine Kopie vorlag.

PRAXISHINWEIS: Grund­sätz­lich bedür­fen Vor­sor­ge­voll­mach­ten kei­ner bestimm­ten Form. Jedoch emp­fiehlt sich eine nota­ri­el­le Beglau­bi­gung oder Beur­kun­dung, da die Vor­nah­me bestimm­ter Rechts­ge­schäf­te durch den Bevoll­mäch­tig­ten eine sol­che erfor­dert oder Abläu­fe erleich­tert. So kön­nen Bevoll­mäch­tig­te nach dem Tode des Voll­macht­ge­bers mit einer Vor­sor­ge­voll­macht und der Ster­be­ur­kun­de auch ohne Erb­schein über Kon­ten und Spar­ver­trä­ge ver­fü­gen, sofern die Voll­macht ent­spre­chend for­mu­liert ist (trans­mor­ta­le Vollmacht).

Häu­fig wird die Voll­macht von den Ban­ken jedoch im Ori­gi­nal oder zumin­dest in einer nota­ri­el­len Aus­fer­ti­gung ver­langt. In der Regel erteilt der Notar neben der Ori­gi­nal-Voll­macht auch wei­te­re Aus­fer­ti­gun­gen bzw. beglau­big­te Abschrif­ten, die bei Drit­ten hin­ter­legt wer­den kön­nen. Es emp­fiehlt sich daher, mit der Bank zu klä­ren, ob die Hin­ter­le­gung einer Aus­fer­ti­gung oder Abschrift aus­rei­chend ist. Sinn­voll kann fer­ner sein, dass der Voll­macht­ge­ber per­sön­lich mit den Doku­men­ten bei sei­ner Bank vor­spricht und die Hin­ter­le­gung einer Aus­fer­ti­gung erfolgt. Zwin­gend ist eine per­sön­li­che Vor­spra­che aber natür­lich nicht.

Voll­macht­ge­ber müs­sen grund­sätz­lich kei­ne bestehen­den Vor­sor­ge­voll­mach­ten ändern oder wei­te­re, ergän­zen­de Voll­mach­ten ertei­len, wenn sie nach Errich­tung der Vor­sor­ge­voll­macht wei­te­re Kon­ten oder Depots eröff­nen. Dies leuch­tet auch ein, da eine Vor­sor­ge­voll­macht, die aus­drück­lich auch die ver­mö­gens­recht­li­chen Ange­le­gen­hei­ten umfasst, sich auch auf nach­träg­lich errich­te­te Kon­ten erstreckt. Soll­te der Voll­macht­ge­ber dies nicht wün­schen, kann er die Voll­macht bereits der Errich­tung oder nach­träg­lich ent­spre­chend ein­schrän­ken und mit ihr Son­der­ver­ein­ba­run­gen fest­le­gen, die z.B. für spe­zi­el­le Kon­ten gel­ten oder die Ver­fü­gungs­ge­walt bei bestimm­ten ver­mö­gens­recht­li­chen Ent­schei­dun­gen betref­fen. Jede Vor­sor­ge­voll­macht ermög­licht, die Ent­schei­dungs­ge­walt des Bevoll­mäch­tig­ten indi­vi­du­ell auf bestimm­te Berei­che aus­zu­rich­ten. Auch dies macht eine nota­ri­el­le Beur­kun­dung so wich­tig, da nur prä­zi­se und juris­tisch ein­wand­freie For­mu­lie­run­gen den wunsch­ge­mä­ßen Hand­lungs­rah­men des Bevoll­mäch­tig­ten wirk­sam abste­cken können.

Quel­le: IWW, SR 2015, 56

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