Der BFH hat die für die Steu­er­pflich­ti­gen wich­ti­ge Fra­ge ent­schie­den, bis zu wel­chem Zeit­punkt der Antrag auf Güns­ti­ger­prü­fung (= Anwen­dung der tarif­li­chen Ein­kom­men­steu­er) nach § 32d Abs. 6 EStG gestellt wer­den kann.

In dem Ver­fah­ren VIII R 14/13 erziel­te die Klä­ge­rin Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit und aus einer Leib­ren­te. Zudem erziel­te sie Kapi­tal­erträ­ge, die sie nicht in ihrer Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung angab, da dafür schon die Abgel­tung­s­teu­er von 25% abge­führt wor­den war. Im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid blie­ben die Kapi­tal­ein­künf­te daher unbe­rück­sich­tigt. Nach Ablauf der Ein­spruchs­frist für ihren Ein­kom­men­steu­er­be­scheid stell­te die Klä­ge­rin einen Antrag auf Güns­ti­ger­prü­fung nach § 32d Abs. 6 EStG. Danach wer­den auf Antrag des Steu­er­pflich­ti­gen Kapi­tal­ein­künf­te nicht nach § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 25%, son­dern nach dem indi­vi­du­el­len Steu­er­satz des Steu­er­pflich­ti­gen besteu­ert, wenn dies zu einer nied­ri­ge­ren Ein­kom­men­steu­er ein­schließ­lich der Zuschlag­steu­ern führt. Dies wäre bei der Klä­ge­rin der Fall gewe­sen, da ihr indi­vi­du­el­ler Steu­er­satz unter 25% lag.
Finanz­amt und Finanz­ge­richt lehn­ten eine Ände­rung des bestands­kräf­ti­gen Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des ab.

Der BFH hat die Revi­si­on der Klä­ge­rin als unbe­grün­det zurückgewiesen.

Nach Auf­fas­sung des BFH ergibt sich eine zeit­li­che Befris­tung für den Antrag auf Güns­ti­ger­prü­fung aus der Bestands­kraft der Steu­er­fest­set­zung. Andern­falls wür­den die Vor­schrif­ten der Abga­ben­ord­nung über die Kor­rek­tur bestands­kräf­ti­ger Ein­kom­men­steu­er­be­schei­de unter­lau­fen. Das Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen einer sol­chen Kor­rek­tur­vor­schrift hat der BFH ver­neint. Zwar sei dem Finanz­amt erst nach der Steu­er­fest­set­zung bekannt gewor­den, dass die Klä­ge­rin Kapi­tal­ein­künf­te erzielt hat­te, die bei der nach § 32d Abs. 6 EStG ange­ord­ne­ten Gesamt­be­trach­tung der Besteue­rungs­grund­la­gen zu einer nied­ri­ge­ren Steu­er geführt hät­ten. Eine Kor­rek­tur­mög­lich­keit für der­ar­ti­ge “neue Tat­sa­chen” nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei jedoch nur mög­lich, wenn den Steu­er­pflich­ti­gen an dem nach­träg­li­chen Bekannt­wer­den kein Ver­schul­den trifft. Der BFH hat hier ein Ver­schul­den bejaht, da die Klä­ge­rin die Steu­er­be­schei­ni­gung über die ein­be­hal­te­ne Kapi­tal­ertrag­steu­er bereits vor der Abga­be der Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung erhal­ten hat­te. Dies habe auch Aus­wir­kun­gen auf die Mög­lich­keit, einen Antrag auf Güns­ti­ger­prü­fung nach § 32d Abs. 6 EStG zu stel­len. Kei­ne Rol­le spie­le in die­sem Zusam­men­hang, dass die Klä­ge­rin bei der Abga­be ihrer Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung von einem Steu­er­be­ra­ter ver­tre­ten wor­den ist. Soll­te sie den Steu­er­be­ra­ter ent­spre­chend auf die ihr bekann­ten Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen hin­ge­wie­sen haben, wäre ihr des­sen schuld­haf­te Pflicht­ver­let­zung bei der Erstel­lung der Steu­er­erklä­rung wie eige­nes Ver­schul­den zuzurechnen.

Quel­le: BFH, Urteil vom 12.05.2015, Az. VIII R 14/13

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